Warum schneiden Sikhs ihre Haare nicht?
Welche Bedeutung haben die Haare in der Sikh Religion?
Kes (Kesh), das ungeschnittene Haar, ist eines der grundlegenden Glaubenssymbole zur Bekennung eines Sikhs zu seinem Glauben. Der Grundstein für das Behalten des Haares
wurde vom ersten Sikh Guru, Satguru Nanak Dev, festgelegt. Satguru Nanak Dev erklärte, daß es für einen Sikh essentiell ist, seine ungeschnittenen Haare zu bewahren, da diese ein Segen des allmächtigen Schöpfergottes sind.
Nach Satguru Nanak Dev sollte es zu keinem Bruch des Vertrauens gegenüber Gott und Guru kommen. Ein "Sikh", der sein Haar nicht beibehält, es schneidet, "begrenzt, beschneidet" laut Satguru Nanak Dev den Segen und
seine Beziehung zu Waheguru, zu Satguru Nanak Dev und den Sikh Gurus. Die Sikh Gurus, eins mit Akaal Purakh/Waheguru, lebten im Willen Gottes. Die Bedeutung und Verehrung, die dem Kes (Haar) in der Sikh Religion gewidmet ist,
wird aus der Tatsache ersichtlich, daß der zehnte Sikh Guru, Guru Gobind Singh, den Geburtsort der Khalsa als "Sri Takht Kesgarh Sahib, das gesegnete Fort der ungeschnittenen Haare" - nannte. Alle Sikh Gurus hatten ungeschnittenes
Haar und trugen einen Dastar (Turban). Die Haare nicht zu schneiden, sich nicht zu rasieren, bedeutet, den Willen Gottes voll und ganz zu akzeptieren und im Einklang mit dem Naturgesetz zu leben. Das Haar wurde von Gott gegeben
- alles in Seiner Schöpfung ist perfekt kreiiert, so auch der menschliche Körper mit seinen vielfältigen Funktionen und Eigenschaften. Satguru Nanak Dev und die Sikh Gurus betonten, daß sich ein Sikh laut Gottes Hukam
(Gottes Anweisung) das Haar natürlich wachsen lassen sollte. Ein Sikh sollte sich möglichst nicht gegen die Naturgesetze, die Gott erschuf, auflehnen, sondern im Willen Gottes/Gurus leben, um den größten Segen und Nutzen daraus
ziehen. In "Makke di Gosht" - einem Gespräch, welches zwischen Satguru Nanak Dev und den heiligen Muslimen in Mekka stattfand, sagte Satguru Nanak Dev folgendes:
Der mutige Lord Nanak sagte:
Die wahre göttliche Sunnat (Anweisung Gottes) ist, daß das Haar durch die Geburt mitgebracht wurde. Gesegnet ist derjenige, der die Haare als ein Zeichen des Vertrauens in Gott beibehält.
Die primäre Anweisung Gottes ist es, das Haar zu behalten und derjenige, der es auf seinem Kopf trägt und wertschätzt, erlangt den Status eines Rishi, eines weisen Sehers oder Sayyids, einem muslimischen Heiligen.
Quelle: Conversation Mecca-Madina, Seite 144 - Punjabi University
Nanak sagt, das Haar ist der Segen des Herrn für den Menschen, welches zurückgegeben werden sollte. Der Mensch muß sich mit diesem Vertrauen am Hofe des Herrn präsentieren. Derjenige, (Sikh) der die Haare nicht intakt
halten konnte, hat in der Tat einen Vertrauensbruch begangen und ist als treulos anzusehen.
Quelle: Conversation Mecca-Madina, Seite 144 - Punjabi University
Eine Person, die ihr Haar im Sikh Glauben schneidet wird als "Patit" bezeichnet (dies ist eine Person, die die Aussagen und Gebote Gottes/Gurus nicht akzeptiert bzw. nicht befolgt. Warum alle Sikh Gurus im Einklang mit der Schöpfung
lebten und ihr Haar behielten, und warum das Haar in der Sikh Religion als ein grundlegendes Element und als etwas Segenreiches erachtet wird, kann in den vielen historischen Ereignissen und Geschichten, wie die von Bhai Taru Singh, erfahren
werden. Für die Aufrechterhaltung und Integrität des Sikh Glaubens, für das Geschenk der Haare, haben sich immanente Gursikhs in der Sikh Geschichte geopfert. Es gibt ein Prinzip (Vidhaan), das Kes zu behalten, zu finden im
'Kes Rehat – Gurbani Updesh'. Im Sikh Glauben geht es um die Vereinigung mit Guru/Gott, das sich konstante Verbinden mit Gurbani und dem Namen Gottes (Waheguru Simran). Sich mit Akaal Purakh Waheguru zu vereinigen, die
Liebe, Hingabe und das Vertrauen zu Guru und Gott aufzubauen, hilft die Einflüsse, den Druck und die Erwartung der äußeren vergänglichen Erscheinungswelt (Maya) zu relativieren. In einer Welt, wo gesellschaftliche
Normen und Maßstäbe durch Trends und Konventionen vorgegeben werden, das Haar zu schneiden und sich zu rasieren, wird dies als "ordentlich", "gepflegt", "modern" und "attraktiv" angesehen. Im Sikh Glauben hingegen wird
dem Haar spirituelle Kraft und Gottes Segen zugeschrieben.
Der dritte Sikh Guru, Guru Amar Das, sagt auf Ang 601 im Siri Guru Granth Sahib:
ਸੋ ਸਿਖੁ ਸਖਾ ਬੰਧਪੁ ਹੈ ਭਾਈ ਜਿ ਗੁਰ ਕੇ ਭਾਣੇ ਵਿਚਿ ਆਵੈ ॥
Er allein ist ein Sikh, ein Freund, ein Verwandter und Bruder, Schwester, der auf dem Weg im Willen des Gurus geht.
(SGGS, Ang 601)
Jeder Sewak (Diener) und jeder Sikh (Schüler, Anhänger), befindet sich auf seiner Reise mit und zu Waheguru (Gott). Alles geschieht im Willen Gottes und gemäß der individuellen Entwicklungsstufe und dem Karma der einzelnen Person.
Da Sikhs dies wissen, wird in die persönlichen Entscheidungen eines anderen nicht interveniert. Die Sikh Gurus erinnern Ihre Sikhs stets daran, das der Sikh Panth als die Gemeinschaft gegründet wurde, die ihre Haare nicht
schneidet. Seit der Amrit Taufe in den Khalsa Panth, ist das Kes eines der 5 Glaubenssymbole. Im Khalsa Mahima schreibt der zehnte Sikh Guru, Guru Gobind Singh, daß die Khalsa Sein Ebenbild ist, mit
ungeschnittenem Haar und Bart.
Im täglichen Ardas (dem Bitt- und Abschlußgebet) der Sikhs heißt es:
ਸਿੱਖਾਂ ਨੂੰ ਸਿੱਖੀ ਦਾਨ, ਕੇਸ ਦਾਨ, ਰਹਿਤ ਦਾਨ, ਬਿਬੇਕ ਦਾਨ, ਵਿਸਾਹ ਦਾਨ, ਭਰੋਸਾ ਦਾਨ, ਦਾਨਾਂ ਸਿਰ ਦਾਨ, ਨਾਮ ਦਾਨ
"Oh Herr, schenke den Sikhs das Wissen über die Sikhi, das Geschenk der Haare, die Gabe, das Rehat (Sikh Verhaltenskodex) zu befolgen, das Geschenk des göttlichen Wissens, das Geschenk des Glaubens,
das Geschenk des Vertrauens und das größte Geschenk des Namens ..."
Guru Gobind Singh gibt in Seinen 52 Hukamname unter Hukam 47 folgende Anweisung:
ਸਿੱਖੀ ਕੇਸਾਂ ਸੁਆਸਾਂ ਸੰਗ ਨਿਬਾਹੁਣੀ
Lebe und sterbe als Sikh mit intaktem und ungeschnittenem Haar.
Guru Gobind Singh sagt:
Hört meine Geliebten: Es, das Haar, ist mein Stempel. Ohne eine Waffe zu tragen und das Haar zu behalten werde ich meine Audienz und Segen nicht geben.
(Gurbilas Patshahee 10 - Bhai Sukha Singh)
Die Sikh Gurus als auch die Bhagats, deren Bani im Siri Guru Granth Sahib enthalten sind, weisen auf das lange Haar und den Bart hin.
ਰੋਮੇ ਰੋਮਿ ਰੋਮਿ ਰੋਮੇ ਮੈ ਗੁਰਮੁਖਿ ਰਾਮੁ ਧਿਆਏ ਰਾਮ ॥
Mit jedem einzelnen Haar meditiert der Erwachte auf den göttlichen Herrn.
(SGGS, Ang 443)
ਸੋਹਣੇ ਨਕ ਜਿਨ ਲੰਮੜੇ ਵਾਲਾ॥
Deine Nase ist so anmutig und dein Haar ist so lang.
(SGGS, Ang 567)
ਹਰਿ ਹਰਿ ਨਾਮੁ ਦ੍ਰਿੜਾਇਓ ਗੁਰਿ ਮੀਠਾ ਗੁਰ ਪਗ ਝਾਰਹ ਹਮ ਬਾਲ ॥੧॥ ਰਹਾਉ ॥
Der Guru hat den süßen Namen des Herrn, Gott, in mir eingegeben. Ich staube die Füße des Gurus mit meinen Haaren.
(SGGS, Ang 1335)
ਕੇਸਾ ਕਾ ਕਰਿ ਬੀਜਨਾ ਸੰਤ ਚਉਰੁ ਢੁਲਾਵਉ ॥
Ich mache meine Haare zu einem Fächer, und schwenke sie über die Heiligen.
(SGGS, Ang 745)
ਗੁਰ ਕੇ ਚਰਨ ਕੇਸ ਸੰਗਿ ਝਾਰੇ ॥੧॥
Mit meinen Haaren staube ich die Füße des Gurus ab.
(SGGS, Ang 387)
ਸੇ ਦਾੜੀਆਂ ਸਚੀਆ ਜਿ ਗੁਰ ਚਰਨੀ ਲਗੰਨ੍ਹ੍ਹਿ ॥
Diese Bärte sind wahr, die die Füße des Wahren Gurus bürsten.
(SGGS, Ang 1419)
ਨਾਪਾਕ ਪਾਕੁ ਕਰਿ ਹਦੂਰਿ ਹਦੀਸਾ ਸਾਬਤ ਸੂਰਤਿ ਦਸਤਾਰ ਸਿਰਾ ॥੧੨॥
Oh Person Gottes! Reinige den Geist, was unrein ist (von schlechten Gedanken und Taten). Dies ist die religiöse Tradition, durch die du die Gegenwart des Herrn erfahren wirst. Verzichte auf Beschneidung, Verstümmelung
und Veränderung des Körpers. Bewahre Dein komplettes Aussehen mit einem Dastar auf dem Kopf, dies wird der Weg sein, um Respekt und Ehre zu erhalten.
(SGGS, Ang 1084)